Die «Grosse Messe» in c-Moll (KV 427)
1781 übersiedelte Mozart von Salzburg, wo die meisten seiner kirchlichen Werke entstanden, nach Wien. Hier schrieb er in erster Linie Klavierkonzerte, Sinfonien und Opern und beschäftigte sich – unter anderem – intensiv mit den Werken von Händel und Bach.
Im Sommer 1782 begann der Frischverheiratete, losgelöst von allen kirchlichen Einschränkungen der Salzburger Zeit, eine neue Messe zu schreiben: die Monumentalmesse in c-Moll, auch «Grosse Messe» genannt.
Im Folgejahr reiste Mozart zurück nach Salzburg, um seinem Vater seine Frau Constanze vorzustellen. Er brachte dabei auch die fertigen Teile der Messe mit. Er gedachte, diese in der Salzburger Peterskirche aufzuführen – mit seiner Frau als Solo-Sopranistin. Dazu kam es aber wahrscheinlich nicht, vermutlich wegen der politischen Lage, vielleicht aber spielten auch private Gründe mit (Verlust seines ersten Kindes). Nach der Rückkehr nach Wien arbeitete Mozart nicht mehr weiter am begonnenen Werk.
Vollendet hat Mozart das «Kyrie», das «Gloria», das «Credo» bis einschließlich «Et incarnatus» und das grosse Soloquartett des «Benedictus». Weite Strecken des «Credo» und das ganze «Agnus Dei» fehlen. Seine «Missa solemnis» (feierliche Messe), bzw. die «Grosse Messe» blieb unvollendet! Eine ganze Anzahl von Komponisten hatten und haben es sich seither zur Aufgabe gemacht, Mozarts Werk zu vervollständigen – auch mit Teilen aus anderen Werken des zu früh verstorbenen «Wunderkindes».
Aufführungsdaten
Samstag, 22. Juni 2024 Reformierte Kirche, Effretikon
Sonntag, 23. Juni 2024 Eglise réformée française zurichoise, Zürich
Ausführende
Chor:
Kantorei Illnau-Effretikon
Solisten:
Sopran: Keiko Enomoto
Mezzo-Spran: Irina Korchuganova
Tenor: Philipp Classen
Bass: Israel Martins
Orchester:
ad-hoc Orchester
Leitung:
João Martins
Konzertbericht
zum zweiten Konzert am Sonntag, 23. Juni 2024, in der Eglise réformée française, Zürich
Elvira Hess; Organistin in Effretikon und Silvia Heusser, Präsidentin Kantorei Illnau-Effretikon
Die Französische Kirche in Zürich ist gut erreichbar, in der Nähe des Bahnhofes Stadelhofen gelegen. Der Raum ist im Verhältnis zum Grundriss sehr hoch und mit viel Holz ausgekleidet, was sicher einen Einfluss auf die gute Akustik hat. Das Publikum hatte den Hauptteil gut gefüllt, seitlich und auf der Empore gab es noch freie Plätze. Im Gegensatz dazu fand das Konzert in Effretikon vor vollem Haus statt.
Grossartiges haben sie sich vorgenommen und Grossartiges haben sie geleistet! Allen voran der junge Dirigent, João Martins, der mit einer sicheren, unmissverständlichen Gestik auf eine ruhige, und doch auf jedes Detail eingehende Weise, den Chor und das Orchester leitete – so vertraut mit der Musik, dass er beide Stücke ohne Noten dirigieren konnte.
Das Orchester eröffnete das Konzert mit der Haffner-Sinfonie Nr. 35 von W.A. Mozart. Mozart, der zeitlich Mittlere des klassischen Dreigestirns Haydn, Mozart, Beethoven, wurde auch durch seine grossen Vorbilder Bach (Fuge) und Händel beeinflusst und geprägt. In diesem Werk glaubt man aber auch, schon Anklänge an Beethoven zu hören.
Die jungen Musiker beeindruckten mit grosser Präsenz und einer lebendigen, freudigen und ausdrucksvollen Interpretation. Das Ad-hoc-Orchester schaffte es dank João Martins, in kurzer Zeit zu einer professionellen Einheit zusammenzuwachsen. Es überzeugte sowohl im sinfonischen Teil als auch im Zusammenspiel mit dem Chor mit sehr guter Qualität.
Im zweiten Teil des Konzertes trat die Kantorei mit den Solisten auf. Sehr gut vorbereitet und mit der Unterstützung einiger angehender Profi-Sänger strahlte der Chor eine überzeugende Sicherheit und Präsenz aus! Alle Einsätze waren präzise, der Klang sehr schön, sowohl im kraftvollen Forte, als auch in den wunderbaren Piano-Stellen. Chor und Dirigent waren aufeinander eingespielt, sicher und ausdrucksstark.
Die Solisten kann ich, ohne Ausbildung in diesem Fach, vor allem als Zuhörerin beurteilen. Mozart hat die Arien jeweils den Sängerinnen und Sängern auf den Leib geschrieben. Das kommt einerseits den Stimmen entgegen, andererseits ist es aber auch sehr schwierig, trotz der Intensität des Gesanges die Leichtigkeit im Ausdruck nicht zu verlieren. Vor allem von den beiden Sopranistinnen wurde dies verlangt, dazu ein sehr grosser Stimmumfang und virtuose Technik! Als ersten Sopran hörten wir Keiko Enomoto und als Mezzosopran Irina Korchuganova. Den Tenor-Solopart sang Philipp Classen und der Solo-Bass wurde mit Israel Martins besetzt. Beide Männerstimmen hatten kürzere Partien zu singen, sie legten aber warm und sicher einen ausdrucksstarken Boden.
Alle Solisten waren dem Werk entsprechend gut ausgewählt und ergänzten den vollen Chorklang ausgezeichnet.
Beglückt und begeistert bedankte sich das aufmerksame Publikum mit einem langen und warmen Applaus für das wunderschöne Konzert, in Effretikon sogar stehend. Aber nicht nur das, die Zuhörer legten auch eine grosszügige Kollekte ein. Allerdings hätte diese allein die anfallenden Kosten niemals decken können!
So hat dieses Projekt in der Aufführung der beiden wunderbaren Mozartstücke Menschen zusammengebracht und war für Jung und Alt und Arm und Reich ein sehr gelungenes kulturelles Erlebnis!
Illnau, im Juli 2024
Elvira Hess; Organistin in Effretikon und Silvia Heusser, Präsidentin Kantorei Illnau-Effretikon